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ie BMW Isetta war ein Rollermobil, das die Bayerischen Motorenwerke (BMW) von 1955 bis 1962 bauten. Der Hersteller bezeichnete das zwischen Motorrad und Auto einzuordnende Fahrzeug als „Motocoupé“. Im Zweiten Weltkrieg war die Produktion von Personenkraftwagen zugunsten der Herstellung von Rüstungsgütern aufgegeben worden. Zu Kriegsende waren die meisten Automobilfabriken zerstört, was übrig war, beschlagnahmten die Besatzungstruppen. Auch BMW in München, wo während des Krieges überwiegend Flugzeugmotoren gebaut wurden, hatte die Fertigungsstätten verloren, denn das Automobilwerk in Eisenach lag in der sowjetischen Besatzungszone und wurde enteignet.
Nach dem Krieg begann die Fahrzeugproduktion bei BMW 1948 mit Motorrädern. Das erste bei BMW nach dem Kriege entwickelte und ab 1952 hergestellte Auto, der als „Barockengel“ bekannte BMW 501/502, wurde ein wirtschaftlicher Misserfolg, denn dieser Wagen war mit einem Preis von 15.000 DM (1952) nur für einen kleinen Käuferkreis erschwinglich. Außerdem deckte der Preis nicht die Produktionskosten.
Für viele Leute waren zunächst nur motorisierte Zweiräder erfüllbare Träume, an vollwertige Autos wie z. B. den Volkswagen war - auch wegen eines fehlenden Pkw-Führerscheins Klasse III - häufig nicht zu denken. Der alte Führerschein IV galt jedoch auch für Kraftfahrzeuge bis 250 cm³ Hubraum.[1] Diese Regelung nutzten findige Hersteller mit Rollermobilen (z. B. dem Goggomobil oder dem Messerschmitt Kabinenroller). BMW hatte damals jedoch nur Motorräder und Luxuswagen im Angebot.
Bedeutung der Isetta für BMW
In Italien konstruierte Renzo Rivolta, der Firmenchef des Motorradherstellers Iso Rivolta, ein Rollermobil in ungewöhnlicher Form: Die ISO-Isetta, welche 1954 vorgestellt wurde. Wie bei einem Kühlschrank klappte man bei diesem Gefährt die Fronttür auf; schließlich soll das Unternehmen, früher Iso-Thermos benannt, damals solche gebaut haben. Das Lenkrad schwenkte mit der Fronttür nach vorn und zur Seite, und bot so einen guten Einstieg in den für zwei Personen ausreichenden Innenraum.
BMW drohte Konkurs. Zeit für Planung und Konstruktion eines Kleinstwagens blieb nicht, es gab nur eine andere Möglichkeit: den Lizenzbau.
Auf dem Turiner Autosalon wurde die Delegation von BMW auf die Isetta aufmerksam und sah in ihr eine Chance. Nach Abschluss des Lizenzvertrages mit Iso wurde eine Isetta ins Werk geholt und die Konstruktion optimiert. Die Isetta bekam einen Einzylindermotor aus dem Motorradprogramm von BMW, umgebaut auf Gebläsekühlung und Starterlichtmaschine. Die BMW Isetta hat im Gegensatz zum dreirädrigen Original zwei Hinterräder. Die konstruktiven Änderungen sollten sich als Erfolg erweisen.
Die Isetta konnte die Finanzkrise bei BMW zwar nicht abwenden, brachte aber immerhin einen Zeitgewinn. Am 5. März 1955 wurde sie der Öffentlichkeit zu einem Preis von 2.580 DM vorgestellt. Die Fachpresse zeigte sich beeindruckt.
Die Isetta wurde zum Erfolg. Zwischen 1955 und 1962 wurden 161.728 Motocoupés verkauft. Diese Zahl wurde nur von einem einzigen Kleinstwagen übertroffen: dem Goggomobil der Hans Glas GmbH aus Dingolfing.
Dieser Erfolg der Isetta verschaffte BMW die dringend benötigten Finanzen und die Zeit zur Entwicklung der neuen Mittelklasse-Modelle, die als Neue Klasse auf den Markt kamen. Die Isetta gilt als eines der Symbole für den Wiederaufbau Deutschlands nach dem Krieg, sie ist Teil des Wirtschaftswunders.[2]
Geschichte
Von April 1955 bis März 1956 wurde die erste Version der Isetta gebaut. Die Modelle Standard 250 und Standard 300 hatten eine große Panoramaheckscheibe, feststehende Seitenscheiben und zu öffnende Dreiecksfenster. Im Oktober 1956 kam die zweite Version, Export 250 und 300 auf den Markt. Sie unterschieden sich insbesondere durch eine Schiebefensterkonstruktion an den Seiten und eine kleinere Sicherheitsglas-Heckscheibe vom bisherigen Modell. Die Ausstellfenster entfielen. Beim Fahrgestell wurden jetzt auch bei beiden Modellen an der Vorderachse Teleskopstoßdämpfer eingebaut. Das 300er-Standardmodell hatte noch Reibungsdämpfer.
BMW hatte von Iso das Recht zum Export nach Skandinavien, Österreich und in die Schweiz erhalten, während die Benelux-Staaten, Spanien und Frankreich von dem spanischen Lizenznehmer Iso España (baugleich mit Iso Italien) bzw. dem französischen Lizenznehmer VELAM (der die VELAM-Isetta als selbsttragende Konstruktion entwickelte) beliefert wurden. Zusätzlich entstand in Brighton ein Lizenzbau der BMW-Isetta als „Isetta of Great Britain“, wo auch Rechtslenker und Dreiradversionen regulär angeboten wurden. Außerdem belieferte Brighton den skandinavischen Markt sowie Australien und Neuseeland. In Brasilien wurde die ROMI-Isetta ab 1956 anfangs als Lizenzbau direkt von Iso Italien, ab 1959 dann in der BMW-Form in Lizenz von BMW gebaut.
Auch auf den Exportmärkten wurde die Isetta zum Erfolg. Beispielsweise gab es ein US-Modell mit größeren Sealed-Beam-Scheinwerfern und größeren Rückleuchten sowie ein Tropenmodell mit regulierbarem Lufteinlass durch die Fronttür. Die Isetta wurde auch in einer Cabrio-Version angeboten, bei der anstelle der Plexiglasscheibe der Standardversion ein Faltverdeck heruntergeklappt werden konnte; die Cabrio-Version der Export-Isetta hatte dann eine im hinteren Teil verkürzte und veränderte Blechdachkonstruktion für das gleich groß gebliebene Heck-Faltverdeck. Das aus der Cabrio-Isetta abgeleitete Pick-up-Modell, bei dem statt des Heck-Verdecks ein Lastenaufbau eingesetzt wurde, kam jedoch nicht gut an.
„Große Isetta“ BMW 600
1957 kam eine viersitzige Version als BMW 600 auf den Markt, die zusätzlich zur Fronttür eine Seitentür rechts und eine Rücksitzbank hat. In der Fronttür ist auch das Reserverad untergebracht. Der BMW 600 hat einen Zweizylinder-Boxer-Motor mit 585 cm³ mit 19,5 PS. Vorder- und Hinterräder sind an Längsschwingen aufgehängt. Der Motor des 600er BMW war ebenfalls ein umkonstruierter Motorradmotor, diesmal aus dem Modell BMW R 50 mit vergrößerter Bohrung.
Während der gesamten Bauzeit konzentrierte man sich bei der Isetta hauptsächlich auf die Behebung von Schwachstellen und die Optimierung der Fertigung. Die wesentlichen Elemente blieben jedoch stets die gleichen.
Die Fertigung der BMW-Isetta wurde im Mai 1962 eingestellt. Bis Anfang der 1970er-Jahre war sie noch im täglichen Straßenverkehr anzutreffen.
Die Technik
Den luftgekühlten Einzylinder-Viertakt-Motor gab es anfänglich mit 12 PS (250 cm³), ab Februar 1956 auch mit 13 PS (300 cm³). Die Isetta hat einen Rückwärtsgang, der bei Kleinstwagen nicht selbstverständlich war, und vier Vorwärtsgänge. Wegen der geringen Spurweite der Hinterachse von nur 50 cm wurde kein Differenzial gebraucht. Karosserie und Fahrgestell konnten bei der Isetta und beim BMW 600 voneinander getrennt werden.
Innenraum
Hinter der durchgehenden Sitzbank ist das Reserverad untergebracht. Schalthebel, Handbremse (ab 1956) und Betätigungshebel für Choke und später auch für die Heizung befinden sich an der linken Außenwand. An der links angeschlagenen Fronttür ist ein kleines Armaturenbrett angebracht, an dem auch die mitschwenkende Lenksäule befestigt ist. Eine Heizung wurde in den ersten beiden Baujahren nicht serienmäßig angeboten. Die Innenverkleidungen bestehen aus bedruckter Pappe, die wenigen Ausschnitte sind mittels Keder optisch geschönt.
Wie die ISO-Isetta hatte auch das BMW-Modell in der ersten Ausführung serienmäßig ein Faltverdeck. Bei der zweiten Ausführung und beim BMW 600 gehörte ein Faltverdeck nicht zur Serienausstattung, konnte aber als Sonderausstattung, hergestellt von Golde, bestellt werden.
aus de.wikipedia.org